Gedichte

Sektionssaal

Als ich das erste Mal einen Sektionssaal betrat,
war es der Job, der mir die Möglichkeit dazu gab.
Es war pure Neugier und Verlangen nach Wissen,
das ich bis heute möchte nicht missen.
Wie funktionieren die Knochen, Muskeln, Organe und Nerven-
Zellen, Hormone, Gene, die einen Eindruck aufs Ganze werfen.

Bei der Schau des Toten, Obduktion genannt,
ist mancher „Zuschauer“ schon aus dem Saal gerannt.
Denn wer schon mal einen Sektionssaal von innen sah,
dem wurde manches Unvorstellbare klar.
Hier liegt der Körper, nur die Hülle,
ohne Seele, Charakter und Fülle,
die einen Menschen zum Menschen macht,
der redet, weint, der fühlt und lacht.

Denn nicht jeder will es wissen,
was den Menschen aus den Leben gerissen.
Das Hirn intakt, das Herz kaputt,
oder war die Lunge „Schrott“?
Hat ihn jäh der Schlag getroffen,
oder hat er sich tot gesoffen?
All das kommt bei einer Obduktion raus,
egal ob Wissenschaft oder Recht etwas schöpft daraus.

Das alles lag auf dem Sektionstisch ohne Leben,
tote Materie, die nichts mehr kann geben.

Das Leben, was ist das? Habe ich mich damals gefragt
und die Frage nach dem Leben einfach gewagt.

Das Leben ist schön und hat viel zu bieten,
trotz harter Zeiten und manchen Nieten.
Ich weiß heute, was Sinn macht im Leben.
Und möchte dies gerne weitergeben.

Das Schöne des Lebens bewahren, das tut uns Not,
sonst verwalten am Ende die Toten den Tod.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.